Andreas Köninger

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Andreas Köninger
Seit über 20 Jahren konzipiert, entwickelt und betreut Andreas Köninger mit seinem Unternehmen SinkaCom mittelständische Unternehmen auf dem Weg in den E-Commerce und hilft diesen Unternehmen die Herausforderungen der Digitalen Transformation zu erkennen und so die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Vom Geschäftsmodell, der Positionierung und den Geschäftsprozessen, über das Shopsystem bis hin zu ERP, CRM, Payment, Controlling und Buchhaltung spannt sich der Bogen der E-Commerce und Onlineanforderungen.

Fulfillment im Onlineshop – Online-Logistik für Einsteiger

Geschrieben von Andreas Köninger

Schöne Produkte und eine hübsche Internetseite alleine reichen heute im Onlinehandel nicht mehr aus, wenn das Fulfillment nicht läuft. Neben der Logistik ist der gesamte Prozess von der Bestellung bis zum Öffnen der Verpackung zu Hause, der Benutzung des Produktes und sogar der After-Sales-Service – also das Fulfillment – entscheidendes Kriterium, um Kunden zufriedenzustellen und an einen Onlineshop zu binden. Denn werden zum Beispiel die falschen Artikel geliefert, kommen sie zu spät oder gar beschädigt an, wird der Kunde ungern erneut beim selben Onlineshop einkaufen. Wie Kunden einen Einkauf im Onlineshop bewerten, hängt maßgeblich mit den Erfahrungen zusammen, die sie nach dem Klick auf den Bestellbutton auf der Webseite machen. So ist das Fulfillment gerade im umkämpften Handelsmarkt zu einem der entscheidenden Wettbewerbsfaktoren geworden.

Erschwerend kommt hinzu: Die Erwartungen von Kunden haben sich deutlich gesteigert. Sie schätzen die Bequemlichkeit von der Bestellung über die Zahlung bis hin zur Lieferung. Selbst die schnelle Zusendung oder gar Lieferung am selben Tag (Same Day Delivery) sind heute schon lange keine ausreichenden Qualitätsmerkmale mehr. Kunden wollen heute ständige Transparenz über den Lieferweg und den Status der Bestellung. Bei großen Onlineshops weiß der Kunde bereits wenige Minuten nach Absenden seines Warenkorbs, welchen Status seine Bestellung hat, und kann quasi live mitverfolgen, wo sich die Ware gerade befindet.

Online-Fulfillment: Einstieg

Online-Bestellungen sind für Kunden zwar mittlerweile simpel. Doch hinter dem scheinbar einfachen Klick am PC oder Smartphone laufen teilweise hochkomplexe Prozesse ab. Sie sorgen dafür, dass Menschen ihre Kaufbedürfnisse schnell und preiswert realisieren können. Ein Beispiel: Ein bestelltes Produkt, etwa ein Paar Schuhe, wird kurz nach der Online-Bestellung in einem Zentrallager in ein Paket verpackt und schon über Nacht in ein Paketzentrum in der Nähe des Bestellers transportiert. Dort wird es vom Paketboten an die Haustür ausgeliefert, beim Nachbarn abgegeben oder kommt in eine Packstation, wo der Kunde sich die Schuhe abholt. In das Lager kam das Produkt vom Hersteller, wurde aufbereitet, etikettiert und eingelagert.

Die Organisation und Steuerung dieses gesamten Lieferprozesses von der Herstellung bis zur Lieferung an den Verbraucher ist die eigentliche Logistik. Eine einfache Definition der Logistik lautet daher:

Lieferung des richtigen Gutes

  • in der richtigen Menge
  • im richtigen Zustand
  • an den richtigen Ort
  • zur richtigen Zeit
  • für den richtigen Kunden
  • und zu den richtigen Kosten.

Sieht man Logistik im Onlinehandel als komplexen Prozess, umfasst sie die integrierte Planung, Organisation, Steuerung, Abwicklung und Kontrolle des gesamten Material- und Warenflusses – inklusive Informationsflüsse – bis hin zur Auslieferung der Produkte – inklusive Entsorgung und Recycling.

Fulfillment kurz und knapp

Fulfillment (deutsch: „Erfüllung“): Gesamtheit aller Aktivitäten, die nach dem Abschluss eines Vertrags der Belieferung des Kunden dienen – inklusive der Logistik

Drop Shipping (Streckengeschäft): Internetshopbetreiber hat kein Lager, sondern Großhändler als Partner. Der Großhändler erhält den Auftrag vom Shopbetreiber, die Ware (möglichst neutral verpackt) direkt an seinen Kunden zu schicken. Kapitalbindung im eigenen Lager wird vermieden

Tracking: umfasst alle Bearbeitungsschritte, die der gleichzeitigen Verfolgung von (bewegten) Objekten wie z. B. Versandwaren dienen

Planung der Fulfillment-Aktivitäten

Das Fulfillment ist oft eine große, bisweilen sogar zu große Herausforderung für Betreiber von Onlineshops. Gerade Startups im Versandhandel kommen mit dem Absatzerfolg oft nicht klar. Die pünktliche Auslieferung der bestellten Waren und die Bearbeitung und Abwicklung von Retouren erzeugt einen enormen Zeit- und Kostenaufwand. Für Gründer ist das eine kritische Phase, da nur eine vernünftige Abwicklung ein erfolgreiches Online-Geschäftsmodell gewährleistet.

Wenn KMUs aufgrund zahlreicher Artikel und der mit der Logistik und dem Fulfillment zusammenhängend notwendigen Tätigkeiten überfordert sind, suchen sie sich auf den Onlinehandel spezialisierte Logistik-Dienstleister. Tatsächlich haben viele Onlineshops heute weder eine eigene Distribution noch Logistik. Die Entscheidung für auf den Online-Bereich spezialisierte Fulfillment-Logistiker und Serviceanbieter ist nicht nur aus Kostengründen, sondern auch aus Machbarkeits- und Effektivitätsgründen geboten. Spezialisierte Dienstleister können Fulfillment-Aktivitäten sehr viel besser ausführen als Anbieter von Rundum-Sorglos-Logistik – das hat aber seinen Preis.

Damit Unternehmen die richtige Wahl des Dienstleisters treffen, müssen zunächst die Prozesse genau analysiert werden. Oftmals unterschätzen KMU auch, dass zusätzlich das Retourenmanagement organisiert und die Warenrückführung geplant werden müssen. Entweder vor dem Versand oder danach müssen zudem Rechnungen geschrieben, die Zahlungsabwicklung erfolgen oder auch Mahnungen verschickt werden. Aus dieser Analyse leiten sich die Wahl des Dienstleisters und die notwendigen Schritte ab, die der Händler selber durchführen kann und muss – und die er outsourcen kann.

Auf dem Markt bieten zum einen reine Logistikunternehmen ihre Dienstleistungen an. Sie konzentrieren sich auf den Versand und eventuell Teile der Lagerhaltung. Der Logistiker holt verpackte Waren ab oder erwartet deren Einlieferung in einem Versandzentrum und übernimmt dann den Transport. Fulfillment-Dienstleister bieten weitaus mehr Services – von einzelnen Zusatzdienstleistungen für die Onlineshopbetreiber wie die Handhabung der Zahlungsabwicklung und des Rechnungswesens bis hin zur Übernahme aller mit der Prozessabwicklung notwendigen Fulfillment-Prozesse.

Auswahl des richtigen Anbieters

Geklärt werden müssen vor der Auswahl:

  • Produktvolumen (wichtig: Welche Produkte machen den Großteil der Artikel und die Masse des Umsatzes aus?)
  • Lagerflächenbedarf
  • Umschlagsmengen
  • Durchlaufzeiten
  • Wachstumsszenario
  • Auslastungskorridor
  • Qualitätssicherung
  • Operativer Betrieb Management (Personal, Schäden, Bewachung, Diebstahl etc.)
  • Kapazität
  • Kernkompetenzen

Die Entscheidung für den richtigen Dienstleister hängt von den Eigenheiten und Produkten des Onlinehändlers, aber auch von einer Kosten-Nutzen-Abwägung ab. Ein wichtiges Kriterium stellt dabei die Lagerhaltung dar. Grundsätzlich bestehen hier folgende Optionen:

  • Betrieb eines eigenen Lagers: Alle Produkte werden selbst eingelagert.
  • Nutzung eines fremden Lagers: Dennoch werden alle Produkte selbst eingelagert.
  • Betrieb eines eigenen Lagers, Einlagerung nur teilweise durch eigene Hand: Der Rest wird per Drop Shipping vom Lieferanten direkt an den Kunden geliefert
  • Direkter Zugriff auf Lieferantenlager: Ausschließliches Drop Shipping

Beispielrechnung der Firma Amazon

Zahlreiche Kostenkomponenten sind zu berücksichtigen. Deshalb muss bei der Wahl des Dienstleisters genau geprüft werden, welche Services im Preis enthalten oder gegebenenfalls zusätzlich nötig sind – oder auf was verzichtet werden kann. Lagerhaltung, Bestandskosten, die eigentlichen Transport-/ Frachtkosten, Kommissionierungskosten, Verpackungs- und Versandkosten, Entsorgungskosten und Auftragsabwicklungskosten fallen an. Ein hoher Lagerbestand vermindert zwar Fehlmengenkosten und erhöht die Lieferbereitschaft, steigert jedoch die Lagerhaltungskosten. Mittels Kosten-Nutzen-Rechnung soll ein Kompromiss gefunden werden.

Um den optimalen Logistikdienstleister zu finden, stellt sich für KMUs die Frage, an wen vor allem Pakete gesendet werden und welche Liefergebiete zu berücksichtigen sind. Sind die Kunden vorwiegend Privathaushalte, sollte ein Unternehmen beauftragt werden, das sich auf Business-to-Customer-Lieferungen spezialisiert hat und gegebenenfalls auch an den stationären Handel liefert. Spezifische Funktionalitäten wie die elektronische Übermittlung einer Nummer für das Tracking, also die Verfolgung der Sendung, gibt es bei vielen Anbietern nur für die Lieferung an Geschäftskunden. Dafür ist eine Mindestmenge an Paketen pro Jahr zu verschicken (meist über 300 – 500). Weitere bei der Kosten- und Preisermittlung der Logistik zu berücksichtigende Kriterien sind mögliche Grenzen bei den Abmessungen eines Pakets, des Gewichts der Sendung beim Versand oder die Anzahl der Zustellversuche.

Bei Fulfillment-Komplettdienstleistern ist der Preis deutlich höher, da dort Waren und Artikel gelagert werden, der Dienstleister Sendungen zusammenstellt und verpackt. Das müssen Online-Händler bei der Preiskalkulation einberechnen. Die Preise sind auch hier abhängig von der Anzahl der gebuchten Dienstleistungen, der Zahl der Sendungen und vom Volumen der Waren oder Sendungen.

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© Andreas Köninger / Sinkakom