Volker Baldus

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Dr. Volker Baldus
RA Dr. Volker Baldus arbeitet bei dem Online-Rechtsportal janolaw AG und betreut dort den AGB Hosting-Service. Er beschäftigt sich mit Rechtsfragen rund um den Onlineshop und sorgt dafür, dass Shopbetreibern immer preiswerte und aktuelle AGB, Datenschutzerklärung und Impressum zur Verfügung stehen.

AGB im Onlinehandel

Geschrieben von Volker Baldus

Allgemeine Geschäftsbedingungen – kurz AGB – sind durch Abmahnwellen ein heißes Eisen geworden. Sie bieten Online-Händlern die Möglichkeit, günstige Regelungen für das Vertragsverhältnis mit dem Kunden zu treffen.

Inhaltsverzeichnis

Wozu AGB?

Der Händler kann per AGB z. B. einen Eigentumsvorbehalt vereinbaren, der es ihm ermöglicht, trotz Auslieferung der Ware bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises die rechtliche Position als Eigentümer zu wahren. Oder er kann beim Verkauf von Gebrauchtware die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr verkürzen. Wer diese rechtlichen Spielräume ausnutzt, kann sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen – vorausgesetzt, man widersteht der Versuchung, zu weitgreifende und damit meist unwirksame Regelungen selbst zu formulieren.

Sind AGB Pflicht?

Online-Händler sind nicht verpflichtet, AGB zu verwenden. Ohne AGB entsteht auch kein rechtsfreier Raum. Stattdessen greifen die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Wer hingegen die Vorteile von AGB nutzen möchte, sollte einige grundlegende Punkte beachten.

Onlineshop und stationärer Handel

Es ist zwar nicht verboten, aber auch nicht empfehlenswert, AGB für den Online-Shop und für das Ladengeschäft in einem Dokument zusammenzufassen, da das Gesetz zusätzliche Anforderungen an den Online-Handel stellt. In die Onlineshop-AGB sollten einige der Pflichtangaben gem. §§ 312ff. BGB i. V. m. Art. 246ff. EGBGB aufgenommen werden. So muss der Kunde darüber informiert werden, wie der Vertrag zustande kommt, ob Vertragseinzelheiten gespeichert werden und, wenn ja, wie der Kunde diese Daten aufrufen kann. Außerdem sollten sich in diesen AGB Anleitungen dazu finden, wie der Kunde seine Eingaben vor der Bestellung korrigieren kann. Diese Informationen spielen für den stationären Handel keine Rolle. Das Risiko, dass AGB durch zu viele hinzugefügte Klauseln unverständlich und damit unwirksam werden, trägt der Verkäufer.

Hoher Verbraucherschutz

Für den sog. B2C (Business to Consumer)-Handel schreibt das BGB vor, dass eine Reihe von gesetzlichen Vorschriften nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgeändert werden dürfen. Ändert der Unternehmer eine dieser Vorschriften dennoch zu seinem Vorteil, so ist diese AGB-Klausel ungültig und wird durch die gesetzliche Regelung ersetzt. Rechtswidrige Bestimmungen in den AGB können jedoch noch weit schmerzhaftere Folgen für den Online-Händler haben: Sie können von Konkurrenten und Wettbewerbszentralen kostenpflichtig abgemahnt werden.

Unzulässige Klauseln

Zu den Bestimmungen, die nicht zugunsten des Unternehmers abgeändert werden können, gehören z. B. die Bestimmungen über die gesetzliche Gewährleistung inklusive der Beweislastumkehr zu Lasten des Unternehmers während der ersten sechs Monate nach dem Kauf (siehe auch weiter unten) und die Bestimmungen zum Übergang der Transportgefahr. Auch wer gegenüber Verbrauchern Salvatorische Klauseln verwendet, nach denen bei Ungültigkeit einer Klausel eine Klausel gelten soll, die der ungültigen Klausel in ihrem wirtschaftlichen Erfolg möglichst nahe kommt, setzt sich dem Risiko einer Abmahnung aus.

Nach wie vor sehr beliebt ist die Verwendung einer Klausel, nach der keine Abmahnung ohne vorherige Kontaktaufnahme erfolgen soll. Der Klausel zufolge wäre eine solche Abmahnung unberechtigt. Auch vor dieser Klausel muss gewarnt werden. Sie hat keine rechtliche Wirkung, ist aber dazu geeignet, Dritte in die Irre zu führen. Denn bei einer berechtigten Abmahnung hat immer der Abgemahnte die Kosten zu tragen. Die Verwendung der Klausel kann daher abgemahnt werden.

Einsatz im Shop

Für die wirksame Einbeziehung von AGB müssen die AGB für den Kunden während des Bestellprozesses deutlich wahrnehmbar sein. Es empfiehlt sich, im Bestellprozess an prominenter Stelle einen Link auf die AGB zu setzen, der ermöglicht, die Bestimmungen in einem neuen Fenster zu lesen.  Der Kunde muss die Möglichkeit haben, die AGB zu speichern und auszudrucken. Die sicherste Lösung für den Unternehmer ist das Einblenden einer Checkbox während des Bestellprozesses, mit der der Kunde aktiv bestätigt, dass er die AGB zur Kenntnis genommen hat.

Mit dem Verkauf der Ware an den Kunden ist das Vertragsverhältnis aber noch nicht beendet. Der Online-Händler hat in bestimmten Grenzen für den Zustand der verkauften Ware einzustehen. Im Rahmen der Gewährleistung ergibt sich der Anspruch des Kunden aus dem Gesetz. Zusätzlich zum gesetzlichen Anspruch kann der Online-Händler selbst dem Kunden verbindliche Zusagen zur Beschaffenheit oder Haltbarkeit der Ware machen. Eine solche vertragliche Zusage nennt sich Garantie.

Gewährleistung und Garantie

Was bedeutet Gewährleistung?

Bei der Gewährleistung geht es um den Zustand der Ware bei Gefahrübergang. Bei Übergabe der Ware vom Zusteller an den Kunden findet ein sogenannter Gefahrübergang statt. Zu diesem Zeitpunkt muss die Ware die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen. Oder anders ausgedrückt: Der Kunde muss die Ware so bekommen, wie sie ihm vertraglich zugesichert wurde.

Zeigt sich erst im Nachhinein, dass die Ware beschädigt ist oder nicht richtig funktioniert, muss der Händler während der ersten sechs Monate nach Gefahrübergang beweisen, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht vorhanden war. Dieser Entlastungsbeweis ist schwer zu führen. Nach Ablauf der sechs Monate verschiebt sich die Beweislast. Dann muss der Kunde beweisen, dass der Mangel schon vorhanden war, als er das Produkt in Empfang genommen hat.

Liegt ein Mangel vor, so steht dem Kunden zunächst das Recht auf Nacherfüllung zur Verfügung. Nacherfüllung bedeutet entweder die Behebung des Mangels, also die Reparatur, oder die Lieferung einer mangelfreien Sache. Der Kunde kann wählen, auf welche Art er die Nacherfüllung wünscht. Sämtliche Kosten der Nacherfüllung hat der Verkäufer zu tragen. Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn diese Art der Nacherfüllung unmöglich oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist.

Nach zweimaligem Fehlschlagen der Nachbesserung hat der Kunde das Recht, vom Vertrag zurückzutreten, mit der Folge, dass der Vertrag rückabgewickelt wird. Der Kaufpreis ist dann vom Verkäufer zurückzuerstatten. Für die Zeit, in der die Sache vom Kunden genutzt wurde, kann der Verkäufer vom Kunden einen Nutzungswertersatz verlangen, der sich an der Nutzungszeit orientiert.

Einschränkung per AGB

Die Gewährleistung ist ein gesetzliches Recht des Käufers gegenüber dem Verkäufer. Während sie bei neuen Waren nicht eingeschränkt werden kann, besteht bei gebrauchten Produkten die Möglichkeit, die Gewährleitungsfrist von zwei auf ein Jahr zu verkürzen. Eine solche Einschränkung kann in den AGB vorgenommen werden.

Aktuelles Abmahnrisiko: Nach § 476 BGB ist die Verkürzung der Gewährleistungsfrist bei Gebrauchtware von zwei Jahren auf ein Jahr zulässig. Nach der europäischen Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie darf aber nur die Haftungsfrist verkürzt werden, nicht die Verjährungsfrist. Da es sich nur um eine Richtlinie und nicht um eine Verordnung handelt und der deutsche Gesetzgeber untätig geblieben ist, sollte man selbst für eine Richtlinienkonformität sorgen und nur die Haftungsfrist für Gebrauchtware auf ein Jahr begrenzen. Die Verjährungsfrist von zwei Jahren sollte beibehalten werden.

Was bedeutet Garantie?

Ob eine Garantie eingeräumt wird, entscheidet der Online-Händler selbst. Wenn eine Garantie gewährt oder überhaupt auf der Internetseite das Wort „Garantie“ verwendet wird, sind eine Reihe von gesetzlichen Anforderungen zu beachten. Demnach müssen die Bedingungen, unter denen die Garantie greift, in einer verständlichen Garantieerklärung niedergelegt sein. Diese Erklärung muss einen Hinweis darauf enthalten,

  • wofür garantiert wird,
  • wer garantiert (Anschrift des Garantiegebers),
  • wo und wie lang die Garantie gilt,
  • dass neben der Garantie die gesetzlichen Gewährleistungs-rechte bestehen.

Form: Der Verbraucher kann verlangen, dass ihm die Garantie in Textform (z. B. per E-Mail, Brief) mitgeteilt wird.

Aktuelles Abmahnrisiko: In der Vergangenheit wurden Verkäufer abgemahnt, die mit einer unvollständigen Garantie wie z. B. „5 Jahre Garantie“ geworben haben. Aktuell werden Händler abgemahnt, die in ihren Angeboten über eine vom Hersteller angebotene Garantie überhaupt nicht informieren.

AGB selbst schreiben

Wer aus Kostengründen seine AGB selbst verfassen möchte, geht ein nicht zu unterschätzendes Risiko ein. Es ist zwar verlockend, sich aus den zahlreich vorhandenen Shop-AGB durch „copy & paste“ seine eigenen AGB zusammenzubasteln. Doch viele beliebte Klauseln sind bereits von Gerichten für unwirksam erklärt worden. Und die meisten Verwender der AGB haben von dieser Rechtsprechung nichts mitbekommen. Wer eine unwirksame Klausel kopiert hat, kann sich im Fall einer Abmahnung zu seiner Verteidigung nicht darauf berufen, dass auch „alle anderen“ diese Klausel nutzen.

Auch die im Internet zu findenden Muster-AGB sind mit Vorsicht zu genießen, insbesondere wenn es sich um Gratisangebote handelt. Viele Texte sind bereits veraltet. Die Autoren übernehmen meist keine Haftung für die Rechtmäßigkeit der einzelnen Klauseln.

Bei der Formulierung der AGB gibt es ein grundsätzliches Problem: Das Gesetz stellt zwar hohe Anforderungen an Zulässigkeit und Transparenz von AGB, stellt aber selbst keine Mustertexte zur Verfügung. Daher müssen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben und der bereits ergangenen Urteile die Klauseln sorgfältig und verständlich formuliert und auch regelmäßig kontrolliert werden. Diese Arbeit sollte man jemanden anvertrauen, der sich mit dieser komplexen Materie schwerpunktmäßig beschäftigt.