Der Weg zur Sichtbarkeit in den sozialen Netzwerken führt über mehrwertigen, unterhaltsamen, kostenfreien Content – das ist den meisten von uns mittlerweile bewusst. Aber solchen Content zu produzieren, der dann auch all diese Anforderungen erfüllt, ist gar nicht so einfach. Immerhin stehen die Posts der Unternehmen jederzeit in Konkurrenz mit Influencern, Hobby-Bloggern und privaten Social-Updates von Familie und Freunden. Wie kann man sich in so einem Content-Gewusel abheben? Was macht den starken Top-Content aus, der Klicks und Abonnenten generiert? Wir sehen uns die fünf wichtigsten Qualitätsmerkmale von Video-Content näher an.
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Die 5 Erfolgsfaktoren von Video-Content
Geschrieben von Angelika Niere
1. Autorität
Wer spricht? Verfügt die Person, die sich an den Zuschauer wendet, überhaupt über die Kompetenz, sich qualifiziert über das Thema zu äußern? Jedes Video muss in irgendeiner Weise herausstellen, mit welchem Grad an Autorität die Inhalte vermittelt werden, und einen Mangel an Autorität gegebenenfalls kompensieren. Erinnern Sie sich an Rezo, den jungen Influencer bar jeglicher politikwissenschaftlichen Qualifikation, der vor einiger Zeit mit seinem Video über „Die Zerstörung der CDU“ Schlagzeilen machte? Er präsentiert seine Argumente nicht grundlos mit Belegen und Rechercheergebnissen im Tempo eines Maschinengewehrs, denn da er wenig fachliche Qualifikationen mitbringt, muss er rein durch die Inhalte überzeugen (wie man seine Argumente dann beurteilt, ist wieder eine andere Baustelle – dieses Fass müssen wir hier nicht aufmachen).
Anders sieht es mit Video-Content aus, bei dem sich Experten zu Wort melden. In manchen Formaten wird journalistisch ein qualifizierter Gast geladen und befragt, in anderen sind Absender und Experte identisch. Hier verfügen Unternehmen immerhin über einen natürlichen Vorteil, denn wer mit einem Thema Geschäfte macht, dem wird automatisch ein höherer Expertenstatus eingeräumt als jemandem, der sich nur in der Freizeit mit dem Thema beschäftigt. Ihren Expertenstatus sollten Sie subtil in Aufbereitung, Bild und Ton Ihrer Videos herausstellen. Studien belegen, dass bereits das Tragen von Berufskleidung (z.B. ein Anzug, ein Laborkittel, je nach Branche auch ein Fitnessanzug) die Erfolgsquote eines Verkäufers erhöhen kann. Nicht grundlos filmt der CEO von Gibson seine YouTube-Videos gerne in der Gitarrenmanufaktur, und kaum ein Politikexperte verzichtet auf das Bücherregal mit themenverwandten Titeln im Hintergrund.
2. Sympathie
YouTuberin Danielle Kristy filmt sich im Video beim Schminken und berichtet in diesen zwanzig Minuten simultan journalistisch über Kriminalfälle, die sie als Hobby-Kriminalistin recherchiert. Sie deckt damit geschickt zwei sehr verschiedene Themen ab, die auf Video-Plattformen immer Konjunktur haben (True Crime und Lifestyle), sammelt allerdings mit der schrägen Kombination auch nicht gerade Punkte in Sachen Autorität. So funktioniert ihr Angebot aber auch nicht. Mit dem Journalismus beim Lidschatten-Auftragen nimmt sie das Thema Autorität direkt vom (Schmink-)Tisch. Sie überzeugt in ihren Geschichten durch Intelligenz, Sorgfalt und viele Belege, gibt sich zugleich bescheiden und maßt sich nicht an, sich mit einem Experten messen zu wollen. Damit zählt sie direkt auf das Sympathiekonto ein. Ihre spitze Zielgruppe nimmt sowohl Schminktipps als auch Dokutainment mit, hat also doppelten Mehrwehrt. Aber vor allem ist Kristy nett. Sie ist angenehm. Der Entschluss ihr zu folgen ist schnell gefällt, und natürlich wären auch Fehler schneller verziehen.
In Sachen Sympathie liegt der Vorteil also eher bei Privatpersonen. Wer nicht als Person, sondern „als Unternehmen“ postet und keinen einzelnen Mitarbeiter ins Zentrum stellt, wird sich erheblich schwerer tun, wenn es darum geht, Persönlichkeit zu zeigen. Kleinstunternehmer und Selbständige können hingegen durch eine gelungene Selbstinszenierung und geschicktes Ego-Branding Punkte sammeln.
3. Reziprozität
Wie du mir, so ich dir: Reziprozität (Gegenseitigkeit) stellt eines der ältesten Verkaufsprinzipien dar. Wir wenden erheblich mehr Konzentration auf Beiträge auf, mit deren Absendern wir schon einmal im direkten Kontakt gestanden haben, und folgen solchen Accounts auch länger. Wir verbreiten Beiträge erheblich häufiger weiter, wenn wir auf irgendeiner Ebene persönlicher Adressat des Beitrags waren. Das hat sich das US-amerikanische Unternehmen Old Spice einst zunutze gemacht und einer Reihe von Twitter-Influencern Videos des „Old Spice Guys“ geschickt (seit kurzem auch in der deutschen TV-Werbung zu sehen), in denen die Werbefigur auf spezifische Tweets reagierte, einem Influencer mit Grippe „Gute Besserung!“ wünschte, bei einem anderen einen Diskussionsbeitrag leistete und so weiter. Die Kampagne gilt als eine der erfolgreichsten Online-Marketing-Kampagnen überhaupt.
Idealerweise teilen Sie Ihre Videos nicht mit der breiten Masse, sondern nehmen am sozialen Miteinander Ihrer Plattform – z.B. YouTube oder Instagram – teil. Sie verfolgen relevante Accounts, kommentieren und reagieren, gehen auf aktuelle Trendthemen ein. Sie nutzen die interaktive Macht der sozialen Netzwerke.
4. Einzigartigkeit
Ganz klar: Sie gewinnen, wenn Sie der einzige Videoproduzenten zu einem bestimmten Thema sind (vorausgesetzt, das Thema wird auch gesucht). Das gelingt in der Flut der Contentbeiträge heutzutage höchstens mit hochspezialisierten Nischen-Videos – so wie bei der Influencerin oben, die sich spezifisch an True-Crime-Fans mit Interesse an Make-up wendet. Sie können aber auch auf anderen Ebenen Alleinstellungsmerkmale schaffen. Wenn „die einzige deutsche CGI-Agentur mit einem Oscar“ sich über Filmeffekte äußert, werden Filmfans das als verlockender einstufen als einen anderen Absender (zumal wir dann wieder beim Thema Autorität wären). Vielleicht sind Sie aber auch der einzige Contentproduzent in Ihrem Bereich, der sich dem Thema satirisch nähert. Oder Ihr Format ist originell: Unter den buchstäblich hunderten YouTube-Accounts, die sich mit Kinofilmen befassen, hat sich CinemaSins dank seines provokanten Kritikformats durchgesetzt: Videos mit Namen „Everything Wrong With American Pie“, „Everything Wrong With Starship Troopers“ oder „Everything Wrong With Psycho“ nehmen liebevoll Filmklassiker und aktuelle Blockbuster auseinander.
5. Spannungsaufbau
Klar – fesselnde und kurzweilige Videos ziehen besser. Journalistische Beiträge (die eine Geschichte erzählen) haben es natürlich leichter als pädagogische Videos (die etwas erklären). Aber auch wer das kyrillische Alphabet lehrt oder Photoshop-Kniffe verrät, kann das auf unterhaltsame Weise tun, und wo Dokutainment völlig unangemessen ist – sagen wir mal, in einem Video über Grabpflege – ist es trotzdem möglich, die Inhalte mittels der richtigen Inszenierung, Strukturen und gutem Schnitt spannend aufzubereiten. Auf dem YouTube-Channel 747 Gear greift Pilot Kelsey Themen aus dem Cockpit-Alltag aus, gibt Einschätzungen zu Tower-Pilot-Dialogen ab und probiert Flugsimulatoren aus. Seine Videos werden professionell geschnitten und folgen immer derselben Struktur: Nach einem kurzen Teaser, der eine besonders spannende Stelle aus dem Video vorwegnimmt, stellt er sich und seine Qualifikation kurz vor, nennt das Thema des Videos, spielt das Material über die jeweilige Geschichte ab (es stammt meistens aus dem Video eines anderen YouTubers) und hält es gelegentlich an, um es zu kommentieren. Am Ende weist er auf ähnliche Videos hin, die dem Zuschauer gefallen könnten. Die Struktur funktioniert. Seine sehr speziellen, sehr technischen, oft nur für Profis verständlichen Videos werden von über 700 000 Abonnenten angesehen.
Hierzu lassen sich nur wenige allgemeine Tipps geben, denn Skript, Schnitt und punktsicheres Storytelling sind hochspezialisierte Themen. Wer seinen Fokus auf diesen Faktor legen will, wird um professionelle Unterstützung durch eine Agentur wahrscheinlich nicht herumkommen.