Daniel Weichert

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Daniel Weichert
Leiter BIEG Hessen
„Erfolgreich im Internet“ – mit diesem Ziel unterstütze ich seit 2005 kleine Unternehmen, Existenzgründer und Startups. Als Leiter des BIEG Hessen helfe ich bei der Suche nach passenden Lösungen in den Bereichen Online-Marketing, E-Commerce und Social Media. Seit drei Jahrzehnten beschäftige ich mich mit der digitalen Welt und gebe meine Erfahrungen gerne verständlich und praxisnah weiter. Ich freue mich auf deine Fragen, Anregungen und dein Feedback.

Die neue digitale Revolution

Geschrieben von Daniel Weichert

Vor 20 Jahren nervte uns Karl Klammer in MS Office mit Unterbrechungen. Jetzt hat er endlich einen angenehmen Nachfolger: ChatGPT, die am schnellsten wachsende KI-Webanwendung mit 200 Millionen Nutzern in nur 2 Monaten.

Was beeindruckt: ChatGPT fühlt sich an wie ein Gesprächspartner aus Fleisch und Blut. Die KI kennt Antworten auf beinahe alle Fragen, schreibt Gedichte und Witze, gibt Reisetipps und hilft bei Examensarbeiten. Selbst Steuererklärungen scheinen in der aktuellen Version 4.0 möglich zu sein. Diese ist allerdings nur nutzbar von zahlenden Kunden (18 Euro/Monat) oder ausgewählten Nutzern der Suchmaschine BING. Es entsteht der Eindruck, dass man auf ChatGPT alle Informationen der Welt bekommen kann, wie es Gary Vaynerchuck, Pionier im Bereich digitales Marketing und soziale Medien, beschreibt.

ChatGPT als Arzt

Isaac Kohane, Informatiker in Harvard und Arzt, hat getestet, ob ChatGPT auch als Onkel Doktor taugt. Dazu ließ er die KI sämtliche Fragen aus dem medizinischen Examen beantworten. Das Ergebnis: In über 90 Prozent der Fälle lieferte ChatGPT die richtigen Antworten und schlug damit sogar einige zugelassene Ärzte.

Allerdings endet der Wissensstand der KI-Trainingsdatensätze im Jahr 2021, daher ist ChatGPT keine echte Suchmaschine. Aber ist sie vielleicht die größte digitale Revolution seit dem Smartphone? Immerhin erwarten 60 Prozent der Unternehmen einen „grundlegenden Wandel“, wie eine repräsentative Umfrage des Bitkom e.V. herausfand.

KI hat mit ChatGPT ihren „iPhone-Moment“, meinen einige Experten. Andere warnen jedoch vor einem „Tesla-Moment“: Ähnlich wie beim autonomen Fahren kommen bei ChatGPT vermehrt ethische und Sicherheitsfragen auf. Laut Barbara Blank von der LMU München dürfe dies jedoch nicht dazu führen, die KI hierzulande „totzuregulieren“.

Die rasante Entwicklung der KI wird von Experten wie dem Wissenschaftsjournalist Rangar Yogeshwar als „Dammbruch“ beschrieben, der uns dazu auffordert, innezuhalten. Wir verstehen die Systeme noch nicht vollständig und können auch deren Risiken noch nicht vollständig abschätzen. Ähnliche Themen werden auch in bekannten Science-Fiction-Filmen wie „I Robot“ (2004) oder „Ex Machina“ (2015) aufgegriffen.

Wer KI-Tools nicht jeden Tag nutzt, macht einen großen Fehler", Gary Vaynerchuck, Pionier im Bereich digitales Marketing und soziale Medien

Entwicklung nicht verpassen

Wer KI-Tools nicht jeden Tag nutzt, macht einen großen Fehler, warnt Vaynerchuck. Wir sollten mit den Tools regelmäßig trainieren, da ansonsten dasselbe passiere, wie manch einem Geschäftsführer vor zehn oder zwanzig Jahren mit den E-Mails: Er lässt sie sich von seiner Assistenz ausdrucken.

Auf die Frage nach ihrem eigenen Potenzial antwortet ChatGPT im O-Ton: „ChatGPT hat enormes Potenzial, die Art und Weise zu verändern, wie Menschen mit Technologie interagieren. Als fortschrittlicher Chatbot auf Basis der GPT-3.5 Architektur (aktuell: 4.0) ist ChatGPT in der Lage, menschenähnliche Gespräche zu führen und ChatGPT wird wahrscheinlich auch Auswirkungen auf die Bildung haben. Wozu noch stundenlang in der Bibliothek sitzen, wenn ChatGPT die Antworten auf alle Fragen hat? Es stellt sich die Frage, wie man sicherstellen kann, dass die Bildung nicht nur aus der Aneignung von Wissen besteht, sondern auch aus der Fähigkeit, dieses Wissen anzuwenden und kritisch zu hinterfragen.“

Risiken und Nebenwirkungen

Es liegt ein schmaler Grat zwischen Fortschritt und Gefahr: Die dunkle Seite der Künstlichen Intelligenz zeigt sich bereits jetzt. Trotz der vielversprechenden Entwicklung von ChatGPT haben Sicherheitsdienstleister gezeigt, dass die Inhaltsfilter, die von dem Hersteller OpenAI eingebaut wurden, umgangen werden können. Statt nur Schadcode mit der KI zu erzeugen, konnte eine Malware sich sogar im Laufe der Abfragen verändern und somit die Sicherheitssysteme umgehen – ein beunruhigender Einblick in die möglichen Risiken von KI-Technologie.

Selbst sog. „Skriptkiddies“, die kaum oder gar keine Programmiererfahrung haben, tauschen via ChatGPT erstellte Malware, wie beispielsweise Ransomware, in Untergrundforen aus. Die Technologie öffnet die Türen für eine neue Generation von Cyberkriminellen. Selbst die Nigeria Connection („Ich habe ein lukratives Geschäft Vorschlag von gemeinsamem Interesse mit Ihnen zu teilen“) profitiert von ChatGPT, um ihre Spam-Mails plausibel klingen zu lassen. Summa Summarum entwickelt sich ChatGPT zum Lieblingstool von Betrügern und Kriminellen im Darknet.

Laut Goldman Sachs könnte ChatGPT weltweit etwa 300 Millionen Jobs eliminieren, vor allem in fortgeschrittenen Volkswirtschaften mit administrativen und juristischen Berufen. Aber es entstehen auch neue Berufe, wie z.B. der des Prompt Designers, der darauf spezialisiert ist, der KI präzise Anweisungen zu geben. Doch selbst für dieses neue Berufsfeld ist bereits eine KI in der Entwicklung: AutoGPT, eine KI, die selbständig Top-Do-Listen abarbeitet und dazu ChatGPT benutzt. Es ist verrückt.

Vaynerchuck blickt positiv in die Zukunft und glaubt, dass der Arbeitsmarkt sich anpassen wird. Menschen haben oft Angst vor Veränderungen, aber ähnlich wie bei der Erfindung von Traktoren für den Ackerbau werden zusätzliche, neue Jobs geschaffen werden.

Unterm Strich

Es gibt noch weitere Herausforderung im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz, die nicht zu unterschätzen sind: Von rechtlichen Aspekten über ethisch-moralische Fragen bis hin zu unabsichtlichen Falschantworten und automatisierter Propaganda. Einige Kritiker befürchten sogar, dass die Technologie dazu führen könnte, dass wir Teile unseres Gehirns outsourcen, ähnlich wie wir unseren Orientierungssinn mit dem Aufkommen von Navigationssystemen verloren haben oder unter „digitaler Amnesie“ leiden, wenn wir uns zu sehr auf Suchmaschinen wie Google verlassen.

Die Zukunft wird zeigen, wie sich Künstliche Intelligenz weiterentwickelt und welche Auswirkungen sie auf die Gesellschaft haben wird. Eines ist jedoch sicher: ChatGPT ist eine der aufregendsten Entwicklungen im Bereich der KI und wird zukünftig die Arbeitsprozesse in vielen Branchen verändern. Es liegt an uns, sicherzustellen, dass diese Veränderungen auch zum Wohle der Gesellschaft genutzt werden.